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28.09.14 –
Das Ende der erfolglosen israelisch-palästinensischen Verhandlungen und der dritte Gazakrieg in nur sechs Jahren erfüllen uns mit großer Sorge. Durch die Entführung und Ermordung dreier israelischer Religionsschüler in der Westbanksiedlung Gush Etzion durch Palästinenser, das gewaltsame Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte gegen ZivilistInnen und hunderte Verhaftungen von Hamas-SympathisantInnen in der Westbank, die Verbrennung eines palästinensischen Jugendlichen durch Israelis und den folgenden wechselseitigen Beschuss von militanten Gruppen im Gazastreifen und der israelischen Armee wurde eine neue Phase der gewaltsamen Eskalation ausgelöst.
Die Bilanz der Kämpfe ist erschreckend. Über 2100 Tote auf palästinensischer Seite, davon 70-80% ZivilistInnen, über 70 Tote auf israelischer Seite, darunter sechs Zivilisten. Über 10.000 Menschen wurden im Gazastreifen verletzt, eine halbe Million Menschen wurde intern vertrieben, über 200.000 halten sich noch immer in UNRWA-Schulen auf und haben ihr Obdach verloren; Schulen, Krankenhäuser, das einzige Elektrizitätswerk und große Teile der öffentlichen Infrastruktur wurden komplett zerstört. Die unverhältnismäßig hohe Zahl ziviler Opfer der israelischen Militäroffensive ist inakzeptabel und nicht von Israels legitimem Recht auf Selbstverteidigung gedeckt. Obwohl die Zahl der getöteten ZivilistInnen auf israelischer Seite geringer ausfällt, ist der traumatisierende Effekt, den der Beschuss aus Gaza in Israel auslöst, gravierend. Der unterschiedslose Beschuss von Wohngebieten durch beide Seiten ist ein Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht.
Der Gazakrieg hat seinen Widerhall auch in den Staaten der EU gehabt. Dabei ist unter anderem Antisemitismus verbal und in tätlichen Angriffen in einem erschreckenden Ausmaß zum Ausdruck gekommen. Das ist inakzeptabel, und dem stellen wir uns mit Vehemenz entgegen. Berechtigte Kritik an konkreter Politik der Konfliktparteien darf nicht als Vorwand für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit missbraucht werden.
Beide Seiten, die israelische Regierung und die den Gazastreifen beherrschende Hamas, tragen Verantwortung für die Eskalation. Dieser jüngste Krieg hat dazu beigetragen, dass die kompromissloseren Kräfte auf beiden Seiten stark an Zulauf gewonnen haben. Die Hamas hat in jüngsten Meinungsumfragen deutlich zugelegt, insbesondere in der Westbank. Das gesellschaftliche Klima in Israel ist vergiftet, friedensorientierte Kräfte werden bedroht und beschimpft, und antidemokratische Tendenzen nehmen besorgniserregend zu. Die Stimmen auf beiden Seiten, die in Frage stellen, ob angesichts der geschaffenen Fakten eine Zwei-Staaten-Regelung überhaupt noch realisierbar ist, sind inzwischen im Mainstream angekommen.
Tatsächlich entsteht vor Ort durch die Dauerhaftigkeit der israelischen Besatzung seit 1967 und den schleichenden Zerfall der einst als Grundstein des palästinensischen Staates aufgebauten palästinensischen Autonomiebehörde eine Art Einstaatenrealität, in der dauerhaft den unter Besatzung und Militärrecht stehenden PalästinenserInnen ihre Rechte verwehrt bleiben. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass eine Zwei-Staaten-Regelung die einzige Form ist, wie die in diesem Konflikt gegeneinander stehenden Ansprüche auf dem Boden des internationalen Rechts geregelt werden können. Wir bekräftigen daher den BDK-Beschluss in Freiburg vom November 2010 (Grundlinien Grüner Nahostpolitik – Für einen dauerhaften und gerechten Frieden zwischen Israel und Palästina). Angesichts des Scheiterns aller bisherigen Verhandlungsbemühungen und der erneuten gewaltsamen Eskalation im Gazastreifen ist allerdings ein Überdenken der bisherigen Politik, die nichts zur Umsetzung der Zwei-Staaten-Perspektive beitragen konnte, dringend notwendig. Das Existenzrecht und die Sicherheit Israels dürfen dabei nicht in Frage gestellt werden. Auch das Existenzrecht und die Sicherheit Palästinas dürfen dabei nicht in Frage gestellt werden. Sie stehen einander nicht entgegen, sondern bedingen einander.
Ein unabhängiger und lebensfähiger palästinensischer Staat hat unter anderem folgende Voraussetzungen, denen die gegenwärtige israelische Politik entgegensteht:
Den schwindenden Chancen für die Verwirklichung einer Zwei-Staaten-Regelung muss dringend aktiv etwas entgegengesetzt werden. Dabei geht es um positive und negative Anreize. Es reicht schon lange nicht mehr aus, die israelische Siedlungspolitik nur zu verurteilen. Die EU und die Bundesregierung müssen gegenüber der israelischen Regierung deutlich machen, dass sie eine Fortsetzung der Siedlungspolitik sowie eine Politik der faktischen Annexion der Westbank und anhaltenden Kontrolle über Ost-Jerusalem sowie der dauerhaften Verweigerung der Menschen- und Bürgerrechte der palästinensischen Bevölkerung weder direkt noch indirekt zu unterstützen bereit sind. Wenn sie zu Recht die bedingungslose Unterstützung für das Existenzrecht Israels hervorheben, muss klar sein, dass diese sich auf den Staat Israel in den Grenzen von 1967 bezieht. Die EU und die Bundesregierung müssen sowohl bei konstruktiven Schritten in Richtung Frieden weitreichende Unterstützung in Aussicht stellen als auch auf völkerrechtswidrige Politik und für den Friedensprozess kontraproduktive Schritte negative Konsequenzen folgen lassen. Die Kombination des breiten Unterstützungspakets, das die EU im Dezember 2013 den Konfliktparteien im Fall einer Friedensregelung angeboten hat, mit den Richtlinien zum Ausschluss der Siedlungen von EU-Fördermitteln und der Diskussion über den Umgang mit Siedlungsprodukten war ein erster richtiger Schritt in diese Richtung.
Zwei Jahrzehnte gescheiterter Verhandlungen zeigen auf, dass Vermittlungen in dem bisherigen Rahmen nicht erfolgreich sein werden. Es ist Zeit, dass die EU eine mehr als nur flankierende Rolle im Vermittlungsprozess einnimmt. Das Nahostquartett als multilaterales Forum muss aus seiner überwiegend reaktiven Rolle erwachen und endlich dafür genutzt werden, aktiv gemeinsame Politikvorschläge aller vier Akteure zu entwickeln.
Wir fordern die Bundesregierung und die Europäische Union auf,
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