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19.06.11 –
Wir fordern den Bundesvorstand, die Bundestagsfraktion und die grüne Europafraktion auf, sich für die Anerkennung eines palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 und seine Aufnahme in die Vereinten Nationen auszusprechen. Die Bundestagsfraktion sollte im Bundestag einen Antrag einbringen, der die Bundesregierung auffordert, im VN-Sicherheitsrat und in der Generalversammlung einer Aufnahme Palästinas in die Vereinten Nationen zuzustimmen und einen Staat Palästina anzuerkennen. Deutschland soll zudem innerhalb der EU in diesem Sinne auf eine gemeinsame Haltung in der Frage hinwirken. Die EU soll sich im Rahmen der VN für eine schnelle Aufnahme und Anerkennung Palästinas einsetzen.
Mit dem Parteitagsbeschluss zum israelisch-palästinensischen Konflikt haben wir im letzten Jahr unsere grundlegenden Positionen hierzu dargestellt. Wir bekennen uns im BDK-Beschluss zu einer zügigen Umsetzung einer Zwei-Staaten-Regelung und zu einer baldigen palästinensischen Staatswerdung. Die Zeit dafür drängt. Der Siedlungsbau und die fortschreitende Landnahme in der Westbank und Ost-Jerusalem schaffen Fakten, die die Gefahr bergen, irreversibel zu werden. Die demografischen und räumlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Israel, dem Gazastreifen und der Westbank machen die Realisierung der Zwei-Staaten-Regelung immer schwieriger. Während sich in vielen arabischen Ländern grundlegende Veränderungsprozesse vollziehen, sind die israelisch-palästinensischen Verhandlungen blockiert.
Präsident Abbas will voraussichtlich in den nächsten Monaten den VN-Sicherheitsrat auffordern, einen Staat Palästina in den Grenzen von 1967 als Mitglied der Vereinten Nationen aufzunehmen. Deutschland hat im Juli den Vorsitz im Sicherheitsrat und damit eine besondere Rolle. Gegen eine Aufnahme eines Staates Palästina in die VN könnten und werden die USA vermutlich ein Veto einlegen. Daher wollen sich die PalästinenserInnen dann an die VN-Generalversammlung wenden. Diese kann mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit Beschlüsse fassen. Die Generalversammlung kann dann zwar nicht über die Aufnahme Palästinas in die Vereinten Nationen beschließen; dazu braucht es zwingend eine Empfehlung des Sicherheitsrates. Ein breit getragener Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit einer politischen Anerkennung hätte nichtsdestotrotz eine hohe politische Wirkung. Die völkerrechtliche Anerkennung von Staaten vollzieht sich zudem nicht durch die Vereinten Nationen sondern zwischen Nationalstaaten.
Mit der Absicht der Palästinensischen Autonomiebehörde, im September eine Anerkennung Palästinas durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen zu erreichen, gibt es allerdings ein Zeitfenster, welches, klug genutzt, ein wichtiger Meilenstein zur Umsetzung einer Zwei-Staaten-Regelung und längerfristig zu einer friedlichen Konfliktlösung sein kann. Dieses gilt es zu nutzen. Angesichts der politischen Blockadehaltung der Regierung Netanjahu und des fortgesetzten Siedlungsbaus ist die Unterstützung der Anerkennung ein notwendiges und richtiges Signal.
Die PalästinenserInnen erhalten dafür breite Unterstützung. Mehr als 150Staaten haben ihre Bereitschaft erklärt, Palästina anzuerkennen. Die Bundesregierung dagegen hat sich im April bei der letzten deutsch-israelischen Regierungskonsultation einseitig festgelegt, eine Ausrufung eines palästinensischen Staates ohne vorheriges Verhandlungsergebnis mit Israel nicht zu unterstützen. Das Völkerrecht kennt drei wesentliche Merkmale eines Staates: eine Bevölkerung/Staatsvolk, ein Staatsgebiet und eine Regierung, die effektive Staatsgewalt ausüben kann.
Die Merkmale Bevölkerung und Staatsgebiet in den Grenzen von 1967 sind klar erfüllt; auch beim dritten Merkmal ist dies nach Auffassung der Vereinten Nationen, der Weltbank und des IWF der Fall. Alle drei Institutionen haben im April Berichte vorgelegt, die übereinstimmend zu dem Schluss kommen, dass die Palästinensische Autonomiebehörde die Voraussetzungen erfüllt, um einen unabhängigen Staat regieren zu können.
Eine große Hürde für eine palästinensische Staatswerdung ist die Spaltung zwischen Gaza und der Westbank. Mit der Absicht von Hamas und Fatah, eine gemeinsame Übergangsregierung unabhängiger Technokraten zu bilden und Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vorzubereiten, ist hier ein Schritt zu Überwindung der Spaltung gemacht. Die internationale Gemeinschaft sollte diesen Prozess unterstützen, wie wir es auch in unserem Parteitagsbeschluss gefordert haben. Gerade angesichts der historischen Umbruchprozesse in der gesamten Region, dem Eintreten für Demokratie durch breite Protestbewegungen sollte die internationale Gemeinschaft die Übernahme von politischer Verantwortung durch demokratisch gewählte Institutionen unterstützen.
Genau wie Israel einen neu entstehenden palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 anerkennen sollte, genauso sollte dieser palästinensische Staat die 1993 von der PLO erklärte Anerkennung des Staates Israel in den Grenzen von 1967 übernehmen und Israel anerkennen. Deutschland soll sich innerhalb der EU für eine schnelle Anerkennung Palästinas durch die Mitgliedstaaten der EU einsetzen und diese selbst zügig vollziehen. Den berechtigten Sicherheitsbedürfnissen beider Konfliktparteien sollte die internationale Gemeinschaft im Rahmen der Vereinten Nationen Rechnung tragen, z. B. durch das Angebot von Sicherheitsgarantien, BeobachterInnen und gemeinsamem Grenzmanagement. Sollten die israelische und palästinensische Seite gemeinsam um eine deutsche Beteiligung an einer solcher VN-Mission bitten, sollte die Bundesrepublik dieser Bitte Folge leisten.
Ein neuer palästinensischer Staat hätte die Möglichkeit, selbstständig über die Ratifizierung von internationalen Abkommen zu entscheiden. Bisher gelten in den palästinensischen Gebieten aufgrund israelischen Einspruchs wichtige internationale Menschenrechtskonventionen nicht, wie die Konvention gegen die Diskriminierung der Frauen, die Kinderrechtskonvention und die Anti-Folter-Konvention. Zudem hätte eine souveräne palästinensische Regierung auch die Möglichkeit, dem Internationalen Strafgerichtshof beizutreten. Palästina würde damit seine Bereitschaft zur Akzeptanz und Unterstützung der Menschenrechte belegen und so zu einer weiteren Verrechtlichung des israelisch-palästinensischen Konflikts beitragen.
Eine internationale Anerkennung Palästinas ist kein Ersatz für direkte Friedensgespräche, die umgehend aufgenommen werden sollten. Es ist auch in unserem Interesse, dass sich in Palästina ein demokratischer Staat etabliert, der die Menschenrechte und rechtsstaatliche Grundsätze wahrt, Israel klar anerkennt und in guter Nachbarschaft lebt. Ein palästinensischer Staat hat grundsätzlich Anspruch auf volle Hoheitsrechte und Souveränität, wie auch der Staat Israel. Eine mögliche Einschränkungen, beispielsweise demilitarisierte Grenzen oder ein Gebietstausch zwischen Israel und Palästina, können nur Ergebnis von Friedensverhandlungen zwischen Israel und Palästina sein. Ein wichtiger Anstoß für Friedensverhandlungen kann auch die neue israelische Friedensinitiative sein, die ihrerseits eine Reaktion auf die arabische Friedensinitiative von 2002 ist. Die Initiative kommt aus der Mitte der israelischen Gesellschaft und ist in Ägypten und Saudi-Arabien auf Interesse gestoßen; leider verweigert sich die Regierung Netanjahu bisher diesem wichtigen Impuls.
Wir appellieren an beide Seiten, im Zusammenhang mit einer Ausrufung eines palästinensischen Staates auf Gewalt zu verzichten. Wir fordern einen politischen Verhandlungsprozess mit dem Ziel eines friedlichen Nebeneinanders der Staaten Israel und Palästina.
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