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22.09.24 –
Grüne Außen- und Sicherheitspolitik will Frieden und Freiheit und eine auf völkerrechtlichen bzw. rechtsstaatlichen Prinzipien basierende Ordnung. Unser Friedensbegriff ist weiter gefasst als eine reine militärische Verteidigung.
Unser Friedensbegriff umfasst die rechtzeitige und insbesondere auch zivile Krisenprävention und die Unterstützung von Ländern, die aufgrund von Armut, Klimawandel oder autokratischen Systemen keine Sicherheit erfahren. Seit der Wiedervereinigung haben wir in Europa massiv abgerüstet und von einer Friedensdividende gelebt.
Unser Friedensbegriff hat sich weiterentwickelt und verschließt sich nicht vor der Notwendigkeit sicherheitspolitischer Unterstützung, wie bei UN-Missionen, mandatierten Einsätze oder einem Verteidigungsfall. Wir müssen die neue internationale Bedrohung ernst nehmen und uns dagegen ausreichend absichern. Als Mitgliedsstaat von NATO und EU muss Deutschland seine Fähigkeiten und seine Bereitschaft zur Bündnisverteidigung glaubhaft machen, um Frieden auch durch Abschreckung wirksam sichern zu können. Dazu müssen wir eine starke Resilienz gegenüber jedweder Bedrohung und Einflussnahme ausbauen und den aktuellen Rückstand unserer Verteidigungsfähigkeit aufholen. Es braucht eine gut ausgestattete und ausgebildete Bundeswehr im Rahmen einer deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur und der NATO. Aber wir brauchen dafür auch eine leistungsfähige, europäisch koordinierte Rüstungsindustrie.
Wir wollen eine Koordinierung der Rüstungsindustrie, um Fähigkeiten zu bündeln, die Leistungsfähigkeit zu optimieren und die Skalierbarkeit sicherzustellen. In diesem Rahmen gilt es für den Bedarf der EU-Länder, unserer NATO-Verbündeter und weiterer Wertepartner*innen zu entwickeln und zu produzieren.
Deutschland steht damit vor einem Paradigmenwechsel im Rüstungsbereich, in dem der Staat verlässlich die Weichen für Sicherheit und langfristige Planbarkeit stellen muss. Unsere nationalen Ziele und die der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (SVI) müssen an die notwendigen sicherheitspolitischen Aufgaben und Herausforderungen angepasst werden. Dazu müssen wir die Instrumente der Industrie-, Kooperations- und Exportpolitik aufeinander abstimmen und mit ausreichenden Mitteln ausstatten. Bis zum Aufbau einer ausreichenden Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit können wir dies nur außerhalb der Schuldenbremse leisten. In Anbetracht der sicherheitspolitischen Herausforderungen brauchen wir eine Koordinierung, Konsolidierung und Stärkung der europäischen Rüstungsindustrie. Dieses Ziel kann erreicht werden, wenn wir die hier aufgeführten benötigten Sicherheitsbedarfe definieren.
Aufgrund unserer nationalen und gemeinsamen Sicherheit innerhalb der Bündnispartner ist es notwendig, unsere Rüstungsindustrie durch staatliche und zwischenstaatliche Maßnahmen besonders zu schützen. Desinformation, Cyberangriffe, Spionage und Sabotage sind permanente Gefahrenquellen. Die Herausforderung besteht darin, hybride Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und abzuwehren.
Die Rüstungsindustrie kann nicht auf eigene Faust auf Halde produzieren, deshalb braucht sie verlässliche politische Entscheidungen. Die jährlichen Haushaltsverhandlungen bieten den überwiegend privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen der SVI keine Planungssicherheit, um in den Aus- und Aufbau von Kapazitäten zu investieren. Wir schlagen daher ein Bundeswehrplanungs-/-finanzierungsgesetz vor, entsprechende Bemühungen auf EU Ebene sowie ggf. den Abschluss von langfristigen Verträgen.
Zur Sicherung der wehrtechnischen Produktion brauchen wir eine an den sicherheitspolitischen Herausforderungen angepasste strategische Beschaffung. Dabei muss der Bedarf der ukrainischen Streitkräfte und weiterer Partner*innen berücksichtigt werden. In internationalen Konfliktfällen müssen wir regelmäßig mit gestörten Lieferketten rechnen. Für die Produktion brauchen wir deshalb innerhalb der NATO und der PESCO (Permanent Structured Cooperation) ein gemeinsames und krisenfestes Beschaffungssystem, das Rohstoffe und Ressourcen in ausreichender Menge zur Verfügung stellt und kritische Bauteile auch selber produziert. Ein Monitoring der Rohstoffe und Ressourcen sollte durch die Mitgliedsstaaten der EU und waffensystembezogen erfolgen. Diese Daten sollten innerhalb der EU ausgetauscht werden können. Schutz vor Einflussnahmen oder gar eine Übernahme durch ausländische Akteure sind durch einen koordinierten Austausch von nachrichtendienstlichen Informationen zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu verbessern.
Wir brauchen auch den Erhalt der technologischen Souveränität, die nur durch Investitionen im Verteidigungsbereich gesichert sind. Gemeinsam mit unseren europäischen Partner*innen müssen wir mit der technologischen Forschung und Entwicklung auf dem internationalen Markt mithalten. Die Förderung eines innovativen und forschungsorientierten Unternehmensmilieus (Start-ups, Neugründungen, kleine Unternehmen, universitäre Ausgründungen etc.) muss ein wichtiges Standbein auch für eine zukunftsfähige SVI sein und ist dringend kontinuierlich auszustatten. Innerhalb dieses Rahmens kann der Staat bei der Ausstattung der Bundeswehr auf erprobte Systeme zurückgreifen, die schnell in großen Stückzahlen produziert werden können. Hier gilt es durch Harmonisierung und Standardisierung möglichst im Rahmen gemeinsamer Beschaffungen die Kosten zu senken und gleichzeitig die Interoperabilität zu steigern. Gleichzeitig zu diesen technologischen Entwicklungen muss Deutschland auch eine führende Rolle in der Verteidigung und Weiterentwicklung der internationalen Rüstungskontrollarchitektur einnehmen. Um mit den rasanten technologischen Entwicklungen der Industrie mithalten zu können, sollte Deutschland hierbei sowohl technologiebasierte als auch verhaltensbasierte Rüstungskontrolle vorantreiben.
Im Rahmen einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) möchten wir die EU einbeziehen, die derzeit nur eine begrenzte Rolle bei der Neuordnung des Rüstungssektors spielt. Sie könnte z.B. Planungsprioritäten der NATO sowie für die Ukraine definieren oder die Harmonisierung von Anforderungen erleichtern.
In internationalen Konfliktfällen kann es zu Versorgungsproblemen kommen. Deshalb müssen wir auch krisenfeste Vorräte anlegen. Das betrifft Munitionsbestände, Ersatzteile, Arzneimittel und Medizinprodukte, ggf. auch die Aufarbeitung alter Waffensysteme. Damit machen wir die europäischen Streitkräfte organisatorisch und ausrüstungstechnisch kompatibler, um gemeinsam sicherheits- und verteidigungspolitische Verantwortung zu übernehmen, Fähigkeitslücken zu schließen und die Handlungsfähigkeit zu erhöhen.
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