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02.04.22 –
Der völkerrechtswidrige russische Angriff auf die Ukraine und der brutale Krieg gegen die ukrainische Zivilbevölkerung machen das Konzept der Bundesregierung, eine feministische Außenpolitik zu verfolgen, keineswegs unbrauchbar. Der Krieg demonstriert vielmehr die Notwendigkeit feministischer Analysen, die seit einigen Jahren vor Machtkonsolidierung des Putinregimes durch Militarismus und Anti-Gender-Politik und damit verbundenen Gefahren gewarnt haben.
Feministische Außenpolitik erfordert unter anderem, dass Geschlechterperspektiven in unsere Reaktionen auf den Krieg, zum Beispiel in der humanitären Hilfe, integriert werden. Bei allen Maßnahmen, die ergriffen werden, müssen die Folgen für die Menschen mitgedacht werden – ob in der Ukraine, in Russland oder anderswo. Das heißt zum Beispiel, Wirtschaftssanktionen möglichst zielgerichtet gegen die russische Machtelite einzusetzen. Die Forderungen feministischer Außenpolitik nach einem Leben in Freiheit und Würde knüpfen an den erweiterten Sicherheitsbegriff der Vereinten Nationen an.
Der mutige Widerstand der Ukrainer*innen gegen die russische Invasion, für Frieden und Freiheit, muss unterstützt werden, wo immer es möglich erscheint. Die Dokumentation der Menschenrechtsverletzungen und der Verstöße gegen das Völkerrecht muss vorgenommen und mit den nötigen Ressourcen und Kapazitäten ausgestattet werden. Humanitäre Hilfe, Schutz für alle Menschen, die vor dem Krieg fliehen müssen, und das Einhalten von Asyl- und Menschenrechten an den EU-Grenzen sollten selbstverständlich sein.
Deutschland, die EU und die internationale Gemeinschaft müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um zur Beendigung dieses völkerrechtswidrigen und verbrecherischen Krieges gegen die Ukraine beizutragen. Eine weitere Eskalation und immer weitere Zerstörungen müssen verhindert werden.
Es ist sehr schwierig, den humanen Wunsch, weitere russische Angriffe zu stoppen, gegen die Risiken eines noch größeren Krieges, einschließlich der Möglichkeit eines Einsatzes von Atomwaffen, abzuwägen. Rufe nach einer Flugverbotszone über der Ukraine sind zwar nachvollziehbar, aber eine Flugverbotszone verbietet sich - ebenso wie ein Nato-Einsatz in der Ukraine insgesamt - wegen des damit verbundenen erheblichen Eskalationspotenzials. Unabhängig davon steigt auch die Gefahr, dass Putin Atomwaffen einsetzt, je länger der Krieg dauert und je stärker der ökonomische Druck durch die Sanktionen auf Russland wird.
Es ist also dringend notwendig, diplomatische Lösungen durch Verhandlungen zu finden. Auch aufgrund der Geschichte Deutschlands als Aggressorstaat muss hierbei für uns an erster Stelle stehen, die Interessen der angegriffenen Ukraine zu achten und mit ihr solidarisch zu sein. Wir sollten die ukrainische Regierung dabei unterstützen, einen Frieden zu schließen, der den Sicherheitsbedürfnissen der Ukraine Rechnung trägt, ihre staatliche Souveränität sicherstellt und vor allem das Leben und die Freiheit ihrer Bürger*innen schützt. Teil einer möglichen Exitstrategie aus dem Krieg könnte es sein, Putin im Gegenzug für einen sofortigen Waffenstillstand und einen vollständigen Truppenrückzug vom gesamten ukrainischen Territorium eine weitgehende Aufhebung der Wirtschafts- und Finanzsanktionen in Aussicht zu stellen. Gleichzeitig
müsste die Russische Föderation die Kosten für den Wiederaufbau der Ukraine tragen.
Beziehungen mit zivilgesellschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen in Russland, die nicht dem Kreml zuarbeiten, sollten möglichst aufrechterhalten werden. Gerade auch feministische Aktivist*innen, die sich gegen den Krieg ausgesprochen haben, sollten unterstützt werden, im Exil sowie nach Möglichkeit in Russland.
Die internationale Gemeinschaft hat sich mit der Resolution der Generalversammlung vom 2. März 2022 klar hinter die Ukraine gestellt. Russland wird aufgefordert, unverzüglich die Kampfhandlungen auf ukrainischem Staatsgebiet einzustellen und seine Streitkräfte abzuziehen. In Folgeresolutionen könnte die Generalversammlung nichtmilitärische Zwangsmaßnahmen wie den Abbruch diplomatischer Beziehungen oder einheitliche ökonomische Sanktionen empfehlen. Friedenspolitische Instrumente der VN wie Sondergesandte mit einem Vermittlungsauftrag oder Blauhelmtruppen könnten infolge von Verhandlungen zum Einsatz kommen.
Feministische Außenpolitik ist kein realitätsfernes Konzept, im Gegenteil. Nur mit einem erweiterten Begriff von Sicherheit lassen sich die globalen Herausforderungen angemessen erfassen. Ein sicherheitspolitischer Diskurs, der militärischer Logik verhaftet bleibt, bietet weder eine umfassende Antwort auf die jetzigen noch auf zukünftige Herausforderungen. Die Rhetorik eines neuen Kalten Krieges wird uns einer nachhaltigen europäischen Friedensordnung nicht näherbringen.
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