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27.06.20 –
Die Koalitionsvereinbarung der gegenwärtigen israelischen Regierung sieht vor, dass ab dem 1. Juli 2020 ein Gesetzentwurf zur Annexion von Teilen des von Israel besetzten Westjordanlandes in die Knesset eingebracht werden kann. Vor dem Hintergrund der im November anstehenden US amerikanischen Präsidentschaftswahlen ist es wahrscheinlich, dass die israelische Regierung mit der Umsetzung ihrer Annexionspläne nicht lange warten wird. Die Annexionsbestrebungen sind sowohl in der israelischen Knesset als auch in Teilen der Bevölkerung mittlerweile im Mainstream angekommen, sodass die reale Gefahr besteht, dass die Verabschiedung des Gesetzesvorhabens in der Knesset eine parlamentarische Mehrheit findet.
Es ist wichtig, dass die Europäische Union klar und geschlossen auf eine Annexionserklärung reagiert. Dabei kommt Deutschland aufgrund seiner turnusmäßigen Ratspräsidentschaft der EU sowie seiner Mitgliedschaft im VNSicherheitsrat eine Schlüsselrolle zu. Eine Annexion ist eine weitere Eskalation und ein weiterer offener Bruch des Völkerrechts, wie ihn die EU und ihre Mitgliedstaaten beispielsweise im Fall der Krim zu Recht klar verurteilt und sanktioniert haben. Aus menschenrechtlicher Perspektive kommt erschwerend hinzu, dass den in Enklaven innerhalb der betroffenen Gebiete lebenden Palästinenser*innen laut Aussage von Premierminister Netanyahu nicht die Rechte israelischer Staatsangehöriger gewährt werden sollen. Die Annexion droht daher, den gegenwärtigen inakzeptablen Zustand der Rechtsungleichheit zu institutionalisieren und zu verschärfen.
Die BAG Frieden & Internationales fordert die bündnisgrünen Fraktionen im Bundestag und im Europäischen Parlament dazu auf, in dieser Frage eine klare Position zu beziehen und darauf hinzuwirken, dass Deutschland und die EU dies ebenfalls tun. Dabei genügt es nicht, sich bedeckt zu halten und zu hoffen, dass die Annexion nicht umgesetzt wird. Angesichts des bekannten Zeitplans muss schon im Vorfeld deutlich gemacht werden, dass die Annexion unter keinen Umständen akzeptiert wird und ernsthafte Konsequenzen für das Verhältnis zwischen Israel und der EU hätte.
Dabei muss deutlich gemacht werden, dass es keinen Unterschied im Sinne des Völkerrechts macht, ob von Israel nur vereinzelte Siedlungsblöcke, oder alle Siedlungen und das gesamte Jordantal annektiert werden. Die Resolution 2334 des Sicherheitsrates aus dem Jahr 2016 ist völkerrechtlich bindend und fordert Israel auf, alle Maßnahmen zu unterlassen, „die darauf abzielen, die demografische Zusammensetzung, den Charakter und den Status des seit 1967 besetzten palästinensischen Gebiets, einschließlich Ostjerusalems, zu ändern.” Die Annexion auch nur einer Siedlung im besetzten Westjordanland stellte einen klaren Verstoß gegen diese Resolution dar.
Darüber hinaus muss Deutschland weiterhin darauf bestehen, dass auch jenseits einer möglichen Annexion jeder Form der Vertiefung der israelischen Besatzung sowie jeder Form der Sabotage einer Zwei-Staaten-Regelung, ob von israelischer oder palästinensischer Seite, aktiv entgegengetreten wird. Für uns Bündnisgrüne geht es dabei auch um die Kohärenz und Glaubwürdigkeit unserer völker- und menschenrechtsbasierten Außenpolitik.
Gleichzeitig ist es an Deutschland, seinen Einfluss und seine diplomatischen Beziehungen sowohl zu Israel als auch zu Palästina dazu zu nutzen, um eine neue Initiative für gemeinsame Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinenser*innen in Gang zu setzen. Dabei muss es um ernstgemeinte Verhandlungen auf der Basis des Völkerrechts gehen; die Hinhaltetaktik der letzten Jahre bei gleichzeitig andauerndem Landraub darf nicht mehr akzeptiert werden.
Wir erinnern an den in vielen bündnisgrünen Beschlüssen, darunter dem Grundlinienbeschluss von Freiburg 2010 und dem Beschluss des Bundesvorstands von 2015, betonten Grundsatz der positiven und negativen Anreize. In diesen Beschlüssen sind viele Beispiele ausgeführt, wie solche Anreize gesetzt werden können. Wir fordern die Fraktionen zudem auf, zeitnah Ihre Haltung zu den Beschlüssen und ihrer Umsetzung zu klären.
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