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18.03.12 –
Als Teil der weltweiten Anti-Atom-Bewegung erfüllt uns das iranische Atomprogramm mit großer Sorge. Schon die zivile Nutzung von Atomtechnologie ist nicht verantwortbar. Im Falle des Irans deutet zudem einiges auf eine militärische Komponente des Programms hin. Auch wenn unklar ist, ob der Iran bereits einen Beschluss zur nuklearen Bewaffnung gefasst hat, so lässt die mangelnde Kooperation mit der IAEA doch Zweifel an der Behauptung, man betreibe nur ein Programm zu friedlichen Zwecken, aufkommen. Bereits heute führt die Frage nach der Existenz eines iranischen Atomwaffenprogramms zu Aufrüstung in der Region. Das ist eine Gefahr für den Frieden.
Hinzu kommt ein Regime im Iran, welches brutal nach innen und aggressiv nach außen auftritt. Nicht zuletzt die Zunahme von öffentlichen und nicht-öffentlichen Hinrichtungen im Iran ist ein Indiz für die sich beständig verschlechternde Menschenrechtslage im Land. Die AnführerInnen der Grünen Oppositionsbewegung stehen unter Hausarrest. Die Unterdrückung von BloggerInnen, JournalistInnen, KünstlerInnen und studentischen AktivistInnen ist trauriger Alltag, genauso wie Repression gegen AktivstInnen für Minderheitenrechte, Frauen- und Menschenrechte. Freie Wahlen sind faktisch abgeschafft; das haben die letzten Parlamentswahlen deutlich gezeigt.
Nach außen rufen iranische Regierungsvertreter zur Zerstörung Israels auf und leugnen den Holocaust. Es ist weiterhin ein Teil der außenpolitischen Doktrin Irans, nichtstaatliche Gewaltakteure in der Region wie die Hisbollah im Libanon und die Hamas im Gaza-Streifen mit Waffen und finanziellen Mitteln zu versorgen. In Israel empfindet man die iranische Rhetorik und Politik als eine existentielle Bedrohung.
Die EU und die USA haben seit Jahren keine konsistente Politik gegenüber dem Iran. Die Chance, die sich mit der Wahl des Reformpräsidenten Chatami bot, wurde verspielt. Der 2001 beginnende „war on terror“ gipfelte in einem völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak und entlarvte westliche Doppelstandards im Umgang mit Völkerrecht und Menschenrechten. Der Angriff auf den Irak und die Kriegsrhetorik der Bush-Administration weckten bei der iranischen Regierung die Angst davor, das nächste Angriffsziel zu sein. Der Widerstreit zwischen einem Militärangriff auf den Iran, der schon früh von israelischen und USamerikanischen Falken gefordert wurde, und dem Ziel einer Verhandlungslösung, zu der sich die EU immer wieder bekannte, endete in einer halbherzigen Politik. Über den VNSicherheitsrat und verstärkt durch weitere US-amerikanische und europäische Beschlüsse wurden in den vergangenen Jahren die Sanktionen immer weiter verschärft. Während die Zivilbevölkerung im Iran immer stärker unter Druck der Sanktionen gerät, ist nicht erkennbar, dass diese nennenswerten Einfluss auf die Entscheidungen der iranischen Führung haben werden. Auch fehlen bis heute „harte“ Beweise für ein Atomwaffenprogramm. Es besteht sogar die Gefahr, dass ein Militärschlag gegen den Iran überhaupt erst zu einer Entscheidung für eine nukleare Bewaffnung führen würde.
Eine durchdachte und glaubwürdige eigene Verhandlungsbereitschaft ist nicht erkennbar; statt Mindestforderungen wurde auf Maximalforderungen beharrt. Die Entspannungspolitik von Präsident Obama zu Beginn seiner Amtszeit wurde von der iranischen Staatsführung verkannt oder bewusst ignoriert. Die brutale Unterdrückung der iranischen Oppositionsbewegung hat dann alle Annäherungsmöglichkeiten zunichte gemacht. 2010 gab es mit dem türkisch-brasilianischen Vorschlag einer internationalen Kontrolle der Urananreicherung die letzte sichtbare größere Verhandlungsinitiative, die aber in den westlichen Hauptstädten auf wenig Resonanz traf und deshalb fehlschlug.
In den letzten Wochen hat sich erneut die Rhetorik um einen Militärangriff durch Israel und/oder die USA gegen das iranische Atomprogramm zugespitzt. Im Wahlkampf wird Präsident Obama von seinen Herausforderern für mangelnde Härte gegenüber dem Iran gerügt; offen werben RepublikanerInnen für eine Militäraktion. In Israel droht die Regierung Netanjahu, auch um dem Druck durch innenpolitische Probleme entgegenzuwirken, immer unverhohlener mit einem Militärschlag.
Angesicht dieser besorgniserregenden Situation spricht sich die BAG Frieden & Internationales von Bündnis 90/Die Grünen für folgende Politik aus:
1.) Kein Militärangriff auf den Iran
Der Konflikt um das iranische Atomprogramm muss mit zivilen Mitteln gelöst werden. Eine militärische Eskalation wäre unverantwortlich. Ein Angriff würde viele Opfer fordern und wahrscheinlich zu einer großflächigen Kontaminierung führen, und er wäre ohne ein VNMandat ein schwerwiegender Bruch des Völkerrechts. Es drohen Vergeltungsangriffe auf Israel sowie auf die Staaten der arabischen Halbinsel und die Gefahr einer weltwirtschaftlichen Krise durch die mögliche Schließung der Straße von Hormus. Die bereits angespannte Lage im Irak könnte in einen offenen Bürgerkrieg eskalieren. Eine militärische Auseinandersetzung zwischen sunnitischen und schiitischen Staaten ist genauso denkbar, wie ein erneuter Krieg Israels mit dem Libanon und im Gazastreifen. MilitärexpertInnen gehen davon aus, dass sich ein eventuelles militärisches Programm höchstens verzögern ließe; zugleich würde ein Angriff möglicherweise das Regime in Teheran innenpolitisch stärken und die Oppositionsbewegung schwächen.
Nicht zuletzt in Israel gibt es daher, auch unter Sicherheits- und MilitärexpertInnen, gewichtige Stimmen, die vor einem Angriff warnen.
Wir fordern daher von der Bundesregierung
2.) Solidarität mit Israel
Israel hat ein unverrückbares Recht in Frieden und Sicherheit zu leben. Deutsche und Grüne Politik muss dieses Recht verteidigen und berechtigte Ängste in der israelischen Bevölkerung ernst nehmen. Dieses Recht bedeutet allerdings weder, dass Deutschland einen vermeintlich präventiven Militärschlag unterstützen kann, noch dass die deutsche Politik auf die Instrumentalisierung der Thematik durch die israelische Regierung zu innenpolitischen Zwecken und zur Ablenkung von eigenen Versäumnissen im Friedensprozess eingehen sollte.
Wir fordern daher von der Bundesregierung
3.) Solidarität mit der iranischen Oppositionsbewegung
Der Streit um das iranische Atomprogramm geht oft zu Lasten des mutigen Widerstands, den viele Iranerinnen und Iraner gegen das repressive Regime leisten. Sie erhalten zu wenig Aufmerksamkeit für ihren mutigen Protest. Dabei liegen die Hoffnungen auf eine Veränderung im Iran auf genau dieser demokratischen Opposition im Iran.
Wir fordern daher von der Bundesregierung
4.) Für eine Verhandlungslösung
Eine Lösung ist nur über Verhandlungen erreichbar, die auf der Basis von berechtigten Interessen beider Seiten und neuen vertrauensbildenden Maßnahmen geführt werden müssen. Wir brauchen einen Neuanfang der Verhandlungsparteien, der Kompromissmöglichkeiten zulässt und verstärkt Anreize setzt.
Der Iran hat das im Nichtverbreitungsvertrag (NVV) festgelegte Recht zur Nutzung der Atomenergie und zur Anreicherung. Dass der NVV den Unterzeichnerstaaten ein solches Recht einräumt, bedauern wir als Grüne. Daraus kann allerdings nicht abgeleitet werden, den Iran anders zu behandeln als andere Unterzeichnerstaaten des NVV.
Daher fordern wir von der Bundesregierung
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