BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

BAG Frieden & Internationales

Frage: Was sind Deine fünf wichtigsten Ziele einer Wirtschaftspolitik für die neue Legislaturperiode, damit Deutschland seiner globalen Verantwortung gerecht wird?

Antwort

 

Katrin Göring-Eckardt: Wie oben bereits erwähnt: Die inhaltlichen Ziele definiert die Partei, nicht das Spitzenduo. Da brauchen wir auch keine „Beinfreiheit“. Zentral für eine global verantwortliche Wirtschaftspolitik sind sicherlich ein nachhaltigerer Umgang mit Ressourcen, konkret z. B. faire Rohstoffpartnerschaften und eine Außenwirtschaftspolitik, die Menschenrechte und soziale und ökologische Standards in den Blick nimmt. Wer über fairen Handel spricht, sollte vor allem mit gutem Beispiel vorangehen. Die Kriterien für ökofaire Beschaffung der Öffentlichen Hand müssen da noch verbindlicher werden. Nicht nur vom fairen Handel reden, sondern auch fairtrade kaufen, damit sind wir glaubwürdig.

 

Renate Künast: Deutschland braucht den sozial-ökologischen Umbau seiner Wirtschaft. Das derzeitige System beruht auf gigantischen Schulden, massiven Ungleichgewichten und Ungerechtigkeiten und erheblichen externen Kosten.

Eckpunkte eines solchen Umbaus sind unter anderem die Wiederbelebung und Ausbau des Emmissionshandels, umfangreiche Reduzierung des Energie- und Rohstoffverbrauchs durch Effizienztechnologien und Veränderungen des Nutzungsverhaltens, eine konsequente Ausrichtung auf Ökoeffektivität (from cradle to cradle) sowie eine Regulierung des Finanzmarktes, inklusive eines Verbots von Spekulationen mit Grundlebensmitteln. Alle diese Schritte können dazu beitragen, globale Ungerechtigkeiten zu reduzieren.

 

Alfred Mayer: Förderung der erneuerbaren Energien – nicht die Finanzen, sondern die technischen Möglichkeiten sollten die Grenzen sein

Luxussteuer für alle nicht notwendigen Produkte

Besteuerung des Flugverkehrs so hoch, daß er auf das wirklich notwendige Maß beschränkt werden muß

Geschwindigkeitsbeschränkungen auf ein menschliches Maß

Verteuerung des Autoverkehrs – Verbilligung der Bahnreisen

 

Markus Meister: Weniger Macht den Spekulanten, Finanzmärkten und Börsen. Banken verstaatlichen und die Deutsche Bank entmachten. Einsatz für eine einheitliche Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik in der EU. Rückkehr zu einer echten und neuen Sozialen Marktwirtschaft. Weniger Macht für Großkonzerne und mehr Unterstützung für kleine und mittelständische Unternehmen, besonders Personengesellschaften die als Unternehmer und Gesellschafter selbst Risiken tragen und nicht abwälzen, im Falle des Scheiterns.  

 

Claudia Roth: Rüstungs- und Kriegswaffengeschäfte sollten nicht im Zuständigkeitsbereich der Außenwirtschaftspolitik belassen werden, sondern zur Unterstützung des weltweiten Friedens und der Achtung der Menschenrechte unter die Federführung des Auswärtigen Amtes gestellt werden.

Wir müssen außerdem Vorreiter beim Klima-, Umwelt-, und Biodiversitätsschutz werden. Deshalb ist es eine Frage von Glaubwürdigkeit und angemessener Verantwortung, dass die EU ihr C02-Reduktionsziel von 20 auf 30 Prozent erhöht und damit ihre Ernsthaftigkeit beim Kampf gegen den Klimawandel deutlich macht. Die Senkung der deutschen Treibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens 40 Prozent, der Abbau umweltschädlicher Subventionen sowie eine ökologisch-soziale Steuerreform sind zentrale Elemente, die wir hier national umsetzen müssen.

Die Kontrolle und Regulierung der internationalen Finanzmärkte soll durch die Regulierung von Schattenbanken und die Schließung von Steueroasen, durch schärfere Kontrollen und Verhinderung von Kapitalflucht und die Schaffung eines internationalen Insolvenzrechts für Staaten erfolgen. Interessenausgleich, mehr Transparenz im Rohstoffsektor, die Eindämmung der Agrarrohstoffspekulation und Unterstützung von Entwicklungsländern beim Aufbau fairer Abgabe- und Steuersysteme sind weitere grundlegende Elemente.

Gerechtigkeit und Entwicklungschancen für rohstoffreiche Länder müssen Leitlinien in der Rohstoffpolitik werden. Ich setze mich ein für eine internationale Rohstoff-Governance. Verbindliche und substanzielle Standards für Abbau, Weiterverarbeitung und Handel müssen eingesetzt und ihre Einhaltung überwacht werden. Ich setze mich auch dafür ein, Opfern von schweren Menschenrechtsverletzungen, die von deutschen oder europäischen Unternehmen verursacht wurden, Klagemöglichkeiten in Deutschland und Europa einzuräumen, wenn sie keinen Rechtsschutz in ihren Ländern genießen.

Wir brauchen wesentliche Schritte hin zu ökologischen und sozialverträglichen Produktions- bzw. Anbau- und Fangmethoden in der Agrar- und Fischereipolitik. Die einseitige Ausrichtung auf agroindustriellen Anbau von Monokulturen und Überfischung durch Fabrikschiffe kann so nicht weitergehen. Bei den Reformmaßnahmen muss sichergestellt sein, dass das Recht auf Nahrung gestärkt und die ländliche Entwicklung bzw. die Kleinfischer in Entwicklungsländern unterstützt und nicht behindert werden.

 

Franz Spitzenberger: Ich kann, ohne dass Ihr mir Euren Standpunkt erklärt, nicht erkennen, was Wirtschaftspolitik, ganz allgemein gesprochen, mit der globalen Verantwortung Deutschlands zu tun hat.

Außer das wir Nachhaltig wirtschaften müssen und unserer Wirtschaft Rahmenbedingungen setzten müssen in sozialer und umweltpolitischer Hinsicht. Hier müssen wir zuerst unserer nationalen Verantwortung gerecht werden und werden damit gleichzeitig auch unserer globaler Verantwortung gerecht.

 

Jürgen Trittin: Globale Gerechtigkeit beginnt hier bei uns. Besonders Menschen in weniger entwickelten Ländern leiden unter einer ungerechten, nicht nachhaltigen und ökologisch schädlichen Politik, die immer noch in vielen Bereichen bei uns betrieben wird. Wir Grüne wollen eine menschenrechtsbasierte, nachhaltige Entwicklungspolitik. Denn nur so lässt sich globale Gerechtigkeit erreichen. Deutschland muss sein Versprechen endlich einhalten und bis 2017 0,7 % seines Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zur Verfügung stellen. Ich bin sehr zufrieden damit, dass wir es in der Projektgruppe Prioritäten geschafft haben, trotz begrenzter Mittel einen Auswachspfad der Entwicklungsmittel dazustellen, der dieses Ziel verwirklicht.

Die Auswirkungen des Klimawandels sind schon jetzt für viele Entwicklungsländer viel deutlicher spürbar. Deshalb muss der erste Schritt sein, hier bei uns weiter für eine emissionsarme und auf erneuerbare Energien basierende Politik zu streiten und die Länder des Südens bei Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Unsinnige europäische Agrarexportsubventionen müssen endlich abgeschafft werden, um nicht länger lokale Märkte zu zerstören und Kleinbauern in ihrer Existenz zu bedrohen. Ebenso sind die Problematik des land grabbing oder die Spekulation mit Nahrungsmitteln Entwicklungen, die dem Ziel von globaler Gerechtigkeit entgegenwirken. Dagegen wollen wir Grüne kämpfen.

Es sind aber nicht nur klassische entwicklungs- und agrarpolitische Politikansätze, die verändert werden müssen. Zu Gerechtigkeit gehört auch ein reguliertes Finanz- und Bankensystem, das nicht ganze Gesellschaften in eine soziale Schieflage bringen kann, unter der die Benachteiligten am meisten zu leiden haben. Auch in der europäischen Flüchtlingspolitik sehe ich dringenden Reformbedarf. Eine Festung Europa hat mit Gerechtigkeit und Solidarität wahrlich nichts zu tun. Ich will mit uns Grünen für ein offenes und solidarisches Europa streiten. (redaktioneller Hinweis: Die Fragen fünf und sechs hat Jürgen gemeinsam beantwortet.)

 

Werner Winkler: Ähnlich wie bei Frage 5. wäre auch hier erst einmal zu klären, wie stark Deutschland seiner globalen Verantwortung bereits gerecht wird, auf welche Weise das geschieht und was dementsprechend fortgeführt werden sollte. Und wir können herausarbeiten, wo wir als Gemeinwesen oder in der Politik dazu beitragen, dass wir unserer globalen Verantwortung noch nicht gerecht werden. Wenn darunter dann Aspekte der Wirtschaftspolitik sind, müssen wir uns fragen, ob und wenn ja wir mit unseren politischen Möglichkeiten etwas bewegen können - sowohl fördernd wie bremsend.

Grundsätzlich bin ich ein großer Verfechter weltweiter Solidarität und bekomme immer Bauchschmerzen, wenn politisch Verantwortliche von nationalen oder europäischen Perspektiven ausgehen und versuchen, für einen Teil der Menschheit einen Vorteil auf Kosten anderer herauszuschlagen. Ich bin mir aber völlig bewusst darüber (und da frage ich die Fragesteller, ob sie sich das auch sind), dass wir als Deutschland nur einen begrenzten Einfluss haben und dass jeder Anschein, an unseren Konzepten oder Ideen könnte "die Welt genesen" mehr schadet als nützt. Wenn wir jedoch Vorbilder sind und andere uns nachahmen - dann finde ich das okay. 

Nächster Termin:

Tagung der BAG Frieden & Internationales

Tagung zum Beschluss möglicher Änderungsanträge zum Bundestagswahlprogramm. Der Zugangslink wird wie gewohnt über die entsprechenden Verteiler versendet.  [...]

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