Sorge über die aktuelle politische und humanitäre Lage in Togo.

Offener Brief an die Bundestagsfraktion und den BuVo von Bündnis 90/Die Grünen, an den Bundesaußenminister Joschka Fischer, die Staatsministerin im AA Kerstin Müller und die parlamentarische Staatssekretärin im BMZ und Afrika-Beauftragte Uschi Eid

01.05.05 –

Offener Brief an die Bundestagsfraktion und den BuVo von Bündnis 90/Die Grünen, an den Bundesaußenminister Joschka Fischer, die Staatsministerin im AA Kerstin Müller und die parlamentarische Staatssekretärin im BMZ und Afrika-Beauftragte Uschi Eid

Die BAG Frieden ist besorgt über die aktuelle politische und humanitäre Situation in Togo.

Hintergrund

Nach dem Tod des langjährigen Diktators Eyadema Gnassimbé im Januar 2005 sicherten sich dessen Sohn, Fauré Gnassimbé, und die herrschende Elite über die gezielte Manipulation der Präsidentschaftswahlen vom 24.04.2005 ihre Machtposition. Verschiedene NROen, u.a. auch deutsche Afrika-Arbeitsgruppen, haben WahlbeobachterInnen entsandt, die von Unregelmäßigkeiten z.B. während der Aufstellung der WählerInnenverzeichnisse und der Ausgabe der Wahlausweise berichteten. Zudem mussten Mitglieder der Opposition brutale repressive Maßnahmen erleiden. Trotz aller Bedenken und Proteste von NROen erklärte das Verfassungsgericht von Togo Fauré Gnassimbé am 3.05.2005 zum Sieger der Präsidentschaftswahl.

Bereits im Anschluss an die umstrittene Wahl nahmen die Gewalttätigkeiten in Togo zu. Die Pressekonferenz zur Vorstellung eines Berichts der togolesischen Menschenrechtsorganisation LTDH über die politischen Verfolgungen und Morde wurde von regierungsnahen Milizen verhindert. Mittlerweile sind über dreißigtausend Menschen aus Togo auf der Flucht vor Gewalt.

Im Rahmen der Unruhen wurde das Goetheinstitut in Lomé in Brand gesetzt sowie der Botschafter der Bundesrepublik als Nazi diffamiert. Dies ist nicht zu verstehen “als spontaner Wutausbruch, sondern [als] Versuch eines politisch bankrotten Regimes, den Volkszorn aufs Ausland zu lenken und neutrale Vermittler zum Sündenbock eigener Verfehlungen zu machen.”

Nach diesem Anschlag erklärte Außenminister Joschka Fischer, dass die Bundesregierung die Übergriffe verurteilt sowie an die togolesische Regierung appelliert, die Täter ausfindig zu machen und “dass die in Togo lebenden Deutschen und deutschen Einrichtungen wirksam geschützt werden”. Während weiterhin von anti-deutscher Hetze und Verleumdung die Rede ist, werden die Verfolgung Oppositioneller und die Gewalt gegenüber dem Volk mit keinem Wort erwähnt.

Bedenklich ist nicht nur die gewalttätige Situation in Togo selbst, sondern auch die Tatsache, dass dies ein weiterer Baustein der schrittweisen Destabilisierung und des Staatszerfalls in Westafrika ist. Damit zeichnet sich immer deutlicher das Phänomen der Failing States in den Regionen Afrikas ab.

Forderungen

Im Sinne einer an Krisenprävention, Friedensentwicklung und dem Aufbau demokratischer Strukturen orientierten Außenpolitik fordern wir Euch als grüne EntscheidungsträgerInnen daher auf,

  1. das Vorgehen der togolesischen Regierung und ihrer Verbündeten zu verurteilen und Maßnahmen zu ergreifen, um auf die Verfolgung Oppositioneller aufmerksam zu machen, sowie zu einem Ende der Verfolgung beizutragen;
  2. die Umstände der umstrittenen Präsidentschaftswahlen zu überprüfen und die Regierung Fauré Gnassimbé nicht anzuerkennen, sofern sich die gravierenden Mängel bestätigen sollten;
  3. die AU zu stärken und sie dazu zu ermutigen, auf eine Schlichtung des Konfliktes hinzuwirken;
  4. alle an einer friedlichen Konfliktlösung zu beteiligenden Akteure aufzurufen, einen neuen Bürgerkrieg nach ihren Möglichkeiten zu verhindern und dem Regime die Unterstützung zu entziehen und
  5. sich damit auch der “Entschließung des Europäischen Parlaments zu Togo” vom 12.05.2005 anzuschließen.

Begründung:

Der Anschlag auf das Goethe-Institut in Lomé ist ebenso wie die verbale Aggression des togolesischen Regimes gegenüber ausländischen Menschen und Einrichtungen in Togo zu verurteilen. Allerdings kann eine ehrliche Politik nicht die einen in Schutz nehmen und gleichzeitig die anderen, von derselben Gewalt und Repression Betroffenen, ignorieren. Die entschiedene Kritik an der togolesischen Regierung muss auch die Notlage der BürgerInnen Togos, besonders der über 30.000 Flüchtlinge und der ungezählten Folteropfer thematisieren. Menschenrechte und der Schutz der zivilen Bevölkerung dürfen kein Sonderthema sein, das nur gelegentlich erwähnt wird – dies sollte der “Norden” aus den letzten afrikanischen Katastrophen in Ruanda und Darfur gelernt haben.

Eine eindeutige Positionierung Deutschlands ist außerdem wichtig, um der Destabilisierung der gesamten Region entgegen zu wirken und nicht einen weiteren Krisenherd in Westafrika entstehen zu lassen. Deutschland sollte seine Verantwortung gegenüber den Ländern Afrikas wahr- und ernstnehmen und eine friedliche und demokratische Entwicklung stärken. Dies geschieht aber nicht, indem man lediglich den Schutz der eigenen Bevölkerung fordert und dabei ein Regime anerkennt, das seine “Legitimation” nur auf Gewalt und die Verfolgung Oppositioneller stützt.

 

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