BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

BAG Frieden & Internationales

Ukraine-Konflikt: Abrüstung, Dialog und zivile Mittel statt militärischer Eskalationsrhetorik

Beschluss der BAG Frieden & Internationales vom 17.07.2014 Wir erleben in Europa eine schwerwiegende Krise der europäischen Sicherheit und des Völkerrechts. Die Aufgabe der EU ist es, in dieser ernsten Krise ihr Potenzial als Zivilmacht zur Deeskalation, zur zivilen Konfliktbearbeitung und Friedensförderung einzusetzen.

17.07.14 –

Beschluss der BAG Frieden & Internationales vom 17.07.2014

Wir erleben in Europa eine schwerwiegende Krise der europäischen Sicherheit und des Völkerrechts. Die Aufgabe der EU ist es, in dieser ernsten Krise ihr Potenzial als Zivilmacht zur Deeskalation, zur zivilen Konfliktbearbeitung und Friedensförderung einzusetzen. Wir Grünen wenden uns gegen die im Russland-Ukraine-Konflikt wieder aufkommenden Schemata des Kalten Krieges und damit das Denken in Kategorien der militärischen Konfrontation.

Die Neu- und Wiederbelebung von Nationalismus in Russland und die extreme Rechte in der Ukraine lehnen wir ab. Wir stehen auf der Seite der BürgerInnen der Ukraine, die versuchen die Geschicke ihres Landes in die Hand zu nehmen, seine demokratische Ausgestaltung neu und weiter zu entwickeln. Wir unterstützen zivile Protestformen, die auf eine gewaltfreie Umgestaltung der Gesellschaft zielen, unter respektvoller Einbeziehung aller MitbürgerInnen. Ebenso unterstützen wir die Zivilgesellschaft in Russland und ihre Bemühungen, sich nicht von der Putin-Regierung einschüchtern zu lassen.

Wir verurteilen die völkerrechtswidrige Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine durch die russische Annexion der Krim und durch separatistische Bewegungen sowie russische MilizionärInnen in der Ostukraine. Die Ukraine hat 1994 als eines der wenigen Länder ihre Atomwaffen vollständig abgegeben. Sie hat dafür 1994 mit dem Budapester Memorandum eine Garantieerklärung für ihre territoriale Integrität von Russland, Großbritannien und den USA erhalten. Diese Verletzung gerade durch eine der Garantiemächte selbst stellt einen besonders schwerwiegenden Bruch des Völkerrechts dar, insbesondere auch, da dies ein schwerer Rückschlag im weltweiten Kampf um nukleare Abrüstung ist.

Das militärische Eingreifen von russischen Truppen auf der Krim, wie von Putin selbst bestätigt, verurteilen wir. Der Einsatz von ukrainischem Militär innerhalb der Ostukraine scheint in der momentanen Situation den Konflikt zwar zu verschärfen, allerdings muss auch dort auf Grundlage vorhandener Erkenntnisse von einer verdeckten Unterstützung aus Russland ausgegangen werden. Um als konfliktlösende Kraft zu wirken, sollten wir folgende Umstände berücksichtigen und Maßnahmen ergreifen:

Die Sicht aller Seiten bei der Suche nach Konfliktlösungen zur Kenntnis nehmen

In Russland und in weiten Teilen der internationalen Gemeinschaft (vgl. Abstimmungen VNGeneralversammlung, des VN-Sicherheitsrats und der OSZE zur Krim-Annexion) haben sich diametral entgegengesetzte Interpretationen der Krise in der Ukraine und der Rolle internationaler Akteure verfestigt. Das Fehlen eines gemeinsamen Verständnisses der Faktenlage erschwert die internationalen Bemühungen um eine Verhandlungslösung der Krise.

Die große Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung im Osten und Westen steht der russischen Intervention auf der Krim und den verdeckten Militäraktionen im Osten des Landes eindeutig ablehnend gegenüber. Die Übergangsregierung, der neu gewählte Präsident Poroschenko sowie alle Parteien im ukrainischen Parlament vertreten einhellig die Meinung, dass ein externer Angriff auf ihr Land stattfindet, der Völkerrecht verletzt, und fordern Russland auf, die Annexion der Krim rückgängig zu machen sowie verdeckte Truppen aus der Ostukraine abzuziehen. Die so genannten Referenden auf der Krim und in der Ostukraine werden für illegal gehalten und nicht anerkannt. Aus Sicht des Kremls setzten die NATO-Staaten, entgegen der noch im November 1990 auf dem KSZE-Gipfel in Paris versprochenen gleichberechtigten Aufnahme und Einbindung Russlands in das damals von Gorbatschow angestrebte „Gemeinsame Haus Europa“, auf die Ausdehnung ihrer Militärallianz nach Osten. Auch durch die Osterweiterung der EU sieht sich Russland in seiner geostrategischen Lage in Europa zunehmend zurückgedrängt und bedroht. Die NATO-Staaten behaupten umgekehrt, sie hätten Russland nie zugesagt, keine Osterweiterung vorzunehmen. Ebenso kann die EU in ihren Assoziierungsabkommen mit der Ukraine, mit Moldau oder Georgien keine Bedrohung für Russland erkennen.

Diese Entwicklung hat zu der großen Zustimmung in der russischen Bevölkerung für die UkrainePolitik Putins ebenso beigetragen wie auch verschiedene innenpolitische Faktoren. Die Kritik von Seiten russischer Oppositioneller an den undemokratischen Zuständen und den Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land scheint – trotz erheblichen Anstrengungen vor allem in der Zivilgesellschaft – gegenwärtig in den Hintergrund zu rücken. Russland wirft dem Westen außerdem vor, in umstrittenen Völkerrechtsfragen mit zweierlei Maß zu messen.

Die unterschiedlichen Maßstäbe bei Verletzungen des Völkerrechts (u.a. bei dem NATO-Einsatz im Kosovo ohne VN-Mandat und dem zweiten Irak-Krieg) haben zu einem Glaubwürdigkeitsverlust der westlichen Politik geführt, der nicht unterschätzt werden sollte.

Unterstützung aller demokratischen Kräfte

Unsere Unterstützung gehört allen demokratischen Kräften in der Ukraine. Die notwendige Kritik an den rechtsradikalen ukrainischen Kräften, die auf dem Maidan aktiv waren, darf nicht dazu führen, dass es zu einer gezielten Diskreditierung der gesamten Bewegung als FaschistInnen kommt, wie durch mediale Kampagnen in Russland geschehen. Äußerungen z.B. der jüdischen Gemeinde zeigen, dass dieses Zerrbild nicht der Realität entspricht. Bei der Präsidentschaftswahl vom 25. Mai 2014 haben die Kandidaten rechtsradikaler Kräfte kaum Stimmen erhalten. Deswegen ist es höchste Zeit, dass die rechtsradikalen Minister der ukrainischen Regierung endlich abgesetzt werden. Die EU ist jetzt gefordert, die Ukraine zivilgesellschaftlich, mit Visafreiheit, Finanzhilfen sowie mit einer Beitrittsperspektive zum Nutzen ihrer Bevölkerung zu unterstützen.

Russland ist nicht Putin. Die mediale Darstellung verkürzt die Realität in Russland auf die einseitigen Propaganda-Kampagnen der Putin-Regierung und deren VasallInnen. Auch in einem solchen Konflikt ist es zentral, mit den zivilgesellschaftlichen Kräften eng verbunden zu bleiben. Mit der Unterstützung der Friedens- und Bürgerrechtsbewegungen in Russland und einem verstärkten Dialog können wir mithelfen, die russische Zivilgesellschaft zu stärken, welche bisher wenig Raum in der öffentlichen Diskussion bekommt. Außerdem wollen wir auch die Zusammenarbeit und den Austausch mit den demokratischen Kräften in Russland fördern.

Wir fordern:

  • die Unterstützung aller demokratischen Kräfte in der Ukraine;
  • die Förderung der Zusammenarbeit mit der ukrainischen Zivilgesellschaft in allen Landesteilen, u.a. durch eine Verstärkung von Programmen wie Studierendenaustausch und Städtepartnerschaften;
  • Visafreiheit für die Ukraine;
  • die Förderung der Zusammenarbeit mit demokratischen Kräften in Russland und mit der russischen Zivilgesellschaft, u.a. durch aktive Stärkung russischer Menschenrechtsbewegungen und eine Verstärkung von Programmen wie Studierendenaustausch und Städtepartnerschaften.

Assoziierungsabkommen: Kein Entweder – Oder

Auslöser für die Krise in der Ukraine war die Weigerung Janukowitschs – auch auf russischen Druck hin –, das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen. Die EU hat bei der Vorbereitung dieses Abkommens zu wenig berücksichtigt, dass die russische Regierung darin einen erheblichen Vorstoß in die eigene Interessensphäre sah. Die EU hat es versäumt, gleichzeitig mit den Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber Russland einzuleiten.

In den vielen Jahren der Verhandlung über das EU-Assoziierungsabkommen war das Motto der EUStrategie ein Entweder-Oder. Die Ukraine sollte an den europäischen Markt gebunden werden, bevor ein Russland-zentriertes Gegenmodell, die Eurasische Zollunion, verwirklicht werden konnte. EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso erklärte noch im Februar 2013, es könne nicht gleichzeitig eine Freihandelszone mit der EU und eine Zollunion mit Russland geben; diese Position wurde von der EU inzwischen allerdings größtenteils revidiert. Gleichzeitig war es zentrales Ziel russischer Westpolitik, eine Annäherung der Ukraine an die EU nach Möglichkeit zu verhindern. Um einer Lösung des Konflikts näher zu kommen, sollte nun auch Russland seine Position revidieren.

Wir fordern:

  • kein Entweder-Oder in den Handelsbeziehungen zwischen der EU und der Ukraine, sondern stattdessen eine Option wie beispielsweise die Assoziierung mit der EU mit offener Option für spätere Teilabkommen mit Russland, falls erwünscht;
  • das Ausgleichen der negativen sozialen Folgen des Assoziierungsabkommens für einzelne Landesteile;
  • einen konkreten Beitrag des Assoziationsvertrags zur Befreiung von Oligarchie und Korruption. Die EU muss sicherstellen, dass durch ihr eigenes Handeln Korruption weder aktiv noch passiv befördert wird;
  • eine Kritik an der Einbeziehung der Ukraine in die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) durch das Assoziierungsabkommen, insbesondere die militärische Kooperation.

Europäische Nachbarschaftspolitik und Energieunion

Wir Grünen wollen mit der Europäischen Nachbarschaftspolitik erreichen, dass Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den osteuropäischen Staaten gestärkt werden und die ehemaligen Sowjetrepubliken eigenständig und selbstbestimmt ihre Zukunft gestalten können. Wir wollen die vielfältigen Beziehungen zwischen der EU und Russland auch für die Unterstützung von Modernisierung, Demokratisierung und Menschenrechtsschutz nutzen.

Wir wollen mit einem deutlich umfangreicheren Engagement und zeitlich forciert zum ökologischen Umbau der Wirtschaft der osteuropäischen Staaten beitragen. Eine EU-Energieunion kann ein Weg sein, Energiesicherheit und -solidarität innerhalb der EU zu stärken; sie muss auf erneuerbare Energien, Effizienz und Energieeinsparung setzen statt auf Kohle und Atom und so den Klimaschutz voranbringen.

Auch wenn wir schnellstmöglich aus den fossilen Energieträgern aussteigen müssen: Europa wird mittelfristig auf den Energieträger Gas und damit auch auf russische Quellen und ukrainische Durchleitung angewiesen sein.

Wir fordern die internationale Gemeinschaft, namentlich die VN und die IAEO, auf, schnellstmöglich gemeinsame Schritte zur Sicherung der ukrainischen Atomanlagen vor Anschlägen und Störfällen sowie des radioaktiven Materials vor unbefugtem Zugriff zu unternehmen. Ziel sollte die Sicherung der Atomruine von Tschernobyl sowie der 15 noch laufenden AKW-Blöcke und die baldmöglichste Abschaltung der Meiler sein.

Wir fordern:

  • die Förderung einer diversifizierten und regenerativen Energieversorgung der osteuropäischen Staaten;
  • eine Europäische Energieunion, die auf erneuerbare Energien, Effizienz und Energieeinsparung setzt und die Energiesicherheit stärkt.

Die friedensfördernden Wirkungen von Wirtschaftsbeziehungen nutzen und gleichzeitig klar Position beziehen

Die bedeutenden wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den EU-Staaten – besonders Deutschland – und Russland haben grundsätzlich eine friedensfördernde Wirkung, denn es gibt auf beiden Seiten ein Interesse daran, sie zu erhalten. Störungen der Handelsbeziehungen und gewaltsame Konflikte laufen diesem gemeinsamen Interesse zuwider.

Dennoch zeigen die Herunterstufung der Bonität Russlands durch die Ratingagenturen sowie der Kapitalabzug, dass Russland sich gegenwärtig durch aggressives Verhalten, das Instabilität nach innen und außen hervorruft, gewissermaßen selbst sanktioniert.

Die Individualsanktionen wie Einreisebeschränkungen gegen einzelne Verantwortliche für den Bruch des Völkerrechts und das Einfrieren ihrer Konten haben eine hohe symbolische Bedeutung. Umfassende Wirtschaftssanktionen können hingegen durch ihre oft unterschiedslosen sozioökonomischen Folgen zu einer weiteren Solidarisierung der russischen Bevölkerung mit der PutinRegierung führen und als Begründung für politische und wirtschaftliche Probleme instrumentalisiert werden.

In der gegenwärtigen Situation sind umfassende Wirtschaftssanktionen daher kaum geeignet zum Erreichen einer politischen Lösung.

Dringend erforderlich ist dagegen der konsequente Stopp aller Rüstungsexporte der Bundesrepublik nach Russland einschließlich des Exportverbots von Dual-Use Gütern. Erfolgte Genehmigungen für Rüstungsexporte müssen widerrufen werden. Zudem soll sich die Bundesregierung für ein EUweites Embargo für Rüstungsgüter und Überwachungstechnik aussprechen.

Wir fordern:

  • ein umfassendes Embargo für Rüstungsgüter und Überwachungstechnik;
  • keine umfassenden Wirtschaftssanktionen gegen Russland in der gegenwärtigen Lage;
  • eine deeskalierende Rhetorik seitens der EU und der NATO.

Für eine gesamteuropäische Friedens- und Sicherheitsordnung im gemeinsamen Haus Europa

Die EU sollte nicht nur nach innen ein Friedensprojekt sein. Grüne Friedenspolitik zielt auf kooperative Sicherheit statt auf Konfrontation. Es ist die gemeinsame Aufgabe der Europäischen Union und der verschiedenen multilateralen Organisationen, eine gesamteuropäische Friedensund Sicherheitsordnung zu verwirklichen. Dazu wollen wir Grünen die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stärken und ausbauen, denn in ihr sind alle europäischen Staaten einschließlich Russlands wie auch die USA und Kanada vertreten. Die OSZE soll an die wichtige Rolle ihrer Vorgängerin KSZE bei der Überwindung des Kalten Krieges anknüpfen. Die Verletzung der Immunität von OSZE-VertreterInnen ist besonders zu verurteilen.

Mit Russland und anderen europäischen Staaten, die auf absehbare Zeit nicht Mitglied der Europäischen Union werden wollen oder können, wollen wir beim Bau des gemeinsamen Hauses Europa – und insbesondere bei der Schaffung einer übergreifenden Sicherheitsarchitektur – zusammenarbeiten. Wir stehen der Perspektive eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes der EU und ihrer östlichen Nachbarn positiv gegenüber.

Insgesamt stehen wir in der multipolaren Welt des 21. Jahrhunderts vor der Herausforderung, eine neue globale Sicherheitsarchitektur zu entwickeln, die auf Multilateralität und dem Primat des Zivilen basiert. Die Anerkennung des Gewaltmonopols der Vereinten Nationen ist die erste Voraussetzung dafür.

Auch die Abrüstungspolitik ist ein wichtiger Bereich der Sicherheitskooperation. Es ist überfällig, den Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) wiederzubeleben, demzufolge sich die Vertragsstaaten zu Einschnitten in der konventionellen Rüstung verpflichteten, und darüber hinaus die atomare Abrüstung voranzutreiben.

Wir fordern:

  • eine Revitalisierung der OSZE; einen OSZE-Sondergipfel, um eine Konfliktlösung mit zivilen Mitteln im Rahmen der OSZE anzustoßen;
  • ein gesamteuropäisches System kooperativer Sicherheit im Rahmen der OSZE;
  • die Rücknahme der Aussetzung des KSE-Vertrags durch Russland und die Ratifizierung des 1999 ausgehandelten AKSE-Vertrages durch alle Vertragsstaaten;
  • die Unterstützung eines Mediations- und Versöhnungsprozesses in der Ukraine;
  • die Schulung von Angehörigen der ukrainischen Polizei und Armee in Fragen der zivilen Krisenprävention, Konfliktbearbeitung sowie in Deeskalationsstrategien;
  • eine neutrale Untersuchung der Scharfschützen-Einsätze auf dem Maidan im Februar 2014 unter Beteiligung des Europarats.

Unsere Maxime: Verhandlungen als Mittel der politischen Lösung des Konflikts

Um erfolgversprechende Verhandlungen bezüglich der Ostukraine und der Krim zwischen allen Parteien zu beginnen, müssen folgende Probleme beseitigt werden bzw. Bedingungen erfüllt sein:

  • Die Legitimität des ukrainischen Parlaments und der Regierung muss durch Neuwahlen wiederhergestellt werden.
  • Um die Gewalt in der Ostukraine zu beenden,
    • müssen sich alle Akteure beharrlich für einen Waffenstillstand einsetzen;
    • befürworten wir die Sicherung der Grenze durch russische und ukrainische Grenzschützer auf Basis von Kooperation unter Kontrolle der OSZE;
    • müssen die irregulären Truppen schrittweise aufgelöst werden.
  • Es müssen direkte Gespräche zwischen der ukrainischen Führung und den Aufständischen in der Ostukraine unter internationaler Vermittlung erfolgen. Die Bereitschaft der Kiewer Regierung, mit den Separatisten in Verhandlungen zu treten, sollte seitens der Bundesregierung und der EU massiv gefördert werden.
  • Es muss ein neues Genfer Treffen unter Einbeziehung Russlands, der EU, der USA, der ukrainischen Regierung und von VertreterInnen der aufständischen Kräfte in der Ostukraine stattfinden.
  • Gemäß der Genfer Erklärung müssen prorussische Milizen und nationalistische Paramilitärs in der Ukraine ihre Waffen abgeben; jegliche gewaltsame Auseinandersetzung muss beendet werden; Russland und die Kiewer Übergangsregierung müssen hierbei endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und diese Maßnahmen aktiv unterstützen.
  • Der Schutz von Minderheiten in der Ukraine, insbesondere der KrimtatarInnen, muss gewährleistet sein.
  • Für entstandene Menschenrechtsverletzungen darf es keine Straffreiheit geben. Verantwortliche müssen zur Rechenschaft gezogen werden, nicht nur im Osten des Landes. Alle Versuche, etwaige Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren, müssen mit Blick auf eine zukünftige Ahndung unterstützt werden.
  • Alle an der Genfer Erklärung beteiligten Staaten müssen ihren Einfluss zur Umsetzung der Genfer Erklärung geltend machen.
  • Die Versuche der Übergangsregierung in Kiew, die Konflikte in Teilen der Ukraine militärisch zu lösen, müssen sofort beendet werden, da die Konflikte dadurch nur noch weiter eskalieren; stattdessen müssen die Kampfhandlungen sofort eingestellt und es muss ein tragfähiger Waffenstillstand vereinbart werden, damit sodann zivile Formen der Konfliktbearbeitung zum Einsatz kommen können. Die deutsche Bundesregierung und die EU müssen sich dafür stark machen.
  • Die NATO muss sowohl die verbale Eskalation als auch die tatsächlichen militärischen Maßnahmen beenden. Sie zieht die zusätzlichen Truppen aus den direkten Nachbarstaaten ab und beginnt mit Russland einen erneuten Dialog über friedenssichernde Maßnahmen in Europa. Gleichzeitig muss Russland seine Truppen von der ukrainischen Grenze zurückziehen.
  • Runde Tische können auf lokaler, regionaler und gesamtstaatlicher Ebene in der Ukraine – unter repräsentativer Einbeziehung von Frauen – zur Bearbeitung der Konflikte und zur Vorbereitung der Wahlen geeignet sein.
  • Vermeidung einer neuen Blockkonfrontation zwischen Russland und den anderen Staaten des europäischen Kontinents.

Ziele in den Verhandlungen

Folgende Lösungsansätze für die Krise könnten als Verhandlungsgrundlage dienen:

  1. Die territoriale Integrität der Ukraine inklusive der Krim wird von den bisherigen Garantiemächten Russland, Großbritannien, USA und der Europäischen Union erneut festgeschrieben und garantiert.
  2. Ein NATO-Beitritt der Ukraine wird nicht angestrebt. Russland und die NATO unternehmen keine Schritte, welche die Gefahr einer militärischen Eskalation verstärken. Abrüstungsverhandlungen können zur Deeskalation und Vertrauensbildung beitragen.
  3. Die Ukraine wählt ihre wirtschaftliche Assoziierung selbst und frei. Solch eine Aufstellung kann nicht nur für die Ukraine wirtschaftlichen Erfolg versprechen, sondern auch für potenzielle Partner in Russland und/oder zum Beispiel in der EU interessant sein. Eine EUBeitrittsperspektive ist möglich, wenn sich die Ukrainerinnen und Ukrainer für eine Mitgliedschaft entscheiden und das Land die Beitrittskriterien erfüllt. Dabei darf es kein Entweder - Oder geben zwischen einer Annäherung der Ukraine an die EU und einem partnerschaftlichen Verhältnis zu Russland.
  4. Im Rahmen einer neuen Verfassung stärkt die Ukraine die Kompetenzen der Regionen. Hierzu gehören unter anderem die autonome Wahl der Gouverneure durch die Regionalparlamente und eine Stärkung der Regionen in einer zweiten Kammer.
  5. Es werden sobald wie möglich Neuwahlen des Parlaments und der Regionalparlamente angestrebt.

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