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14.09.19 –
Die internationalen Beziehungen durchlaufen dramatische Veränderungen. Dabei nehmen auch Spannungen und Widersprüche zu, auf die grüne Friedensund Außenpolitik Antworten finden muss. Der Verbrauch von Ressourcen und Umweltverschmutzung bedrohen unsere Lebensgrundlage. Der zunehmende Reichtum ist außerdem extrem ungleich verteilt. Was für einige Überfluss verspricht, bedeutet für viele Armut, Ausbeutung und Leidensdruck. Noch nie waren die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Ländern und Kulturen so vielfältig. Doch der Kontakt mit ”anderen” wird nicht leichter. In Filterblasen sprechen wir immer öfter und verständnisloser über- statt miteinander.
All dies erhöht das Eskalationsrisiko lokaler und globaler Konflikte. Umwelt-, Wirtschafts-, und soziale Krisen, aber auch militärische Auseinandersetzungen, Krieg und Flucht sind zu weltpolitischen Alltagserscheinungen geworden. Oft hängen sie miteinander zusammen und verschärfen sich gegenseitig. Die zunehmende Polarisierung von Diskursen und Politik verhindert, dass Probleme bei ihren Ursachen angegangen werden. Die Propagierung kurzfristiger militärischer Lösungsansätze macht sie sogar noch schlimmer. Extrembeispiele dafür sind Kriege „gegen Terror“ oder „gegen Drogen“, oder die unkritische Aufrüstung vermeintlicher Verbündeter in Krisenregionen durch Waffenexporte.
Gerade herrscht auf der politischen Weltbühne zudem das Prinzip der Sicherheit durch Einschüchterung und Dominanz. Diesen Sicherheitsbegriff müssen wir umkehren. Sicherheit ist für uns die Gewährleistung der universellen Menschenrechte und umfasst auch die Beteiligung am politischen und öffentlichen Leben, Bildungs- und Chancengleichheit, gesundheitliche Aspekte, reproduktive und sexuelle Rechte, Ernährungssouveränität, gerechte Ressourcenverteilung und die Freiheit von Not und Furcht.
Kern unserer außenpolitischen Bemühungen muss es sein, systematisch auf globale Entspannung und Überwindung von Gegensätzen hinzuarbeiten. Dadurch gewinnen wir gegenseitiges Vertrauen zur dringend gebotenen gemeinschaftlichen Lösung globaler Schicksalsfragen. International müssen Deutschland und die EU dazu trotz Gegenwind noch intensiver auf eine Verrechtlichung und Institutionalisierung unseres globalen Miteinanders hinwirken. Dies bedeutet, das Völkerrecht und multinationale Institutionen zu verteidigen, zu stärken und weiterzuentwickeln. Gleiches gilt für das internationale Strafrecht und den Internationalen Strafgerichtshof. Wir stehen ein für die Stärke des Rechts statt dem Recht des Stärkeren. Das geht nur effektiv, wenn wir uns selbst konsequent an internationale Abkommen und Normen halten und uns unserer eigenen geschichtlichen Verantwortung bewusst sind.
Grüne Friedens- und Außenpolitik ist im besten Sinne radikal. Sie will die Probleme bei den Ursachen packen und denkt grundsätzlich präventiv. Kein Genozid fällt einfach so vom Himmel, keine Krise kommt ohne Vorboten. Und kein Krieg ist unausweichlich. Grüne Friedens- und Außenpolitik ist deshalb auch kreativ. Sie versucht Entscheidungen zu vermeiden, bei denen Politik zwischen zwei Übeln wählen muss. Mit Dialog, Empathie und Vorstellungskraft bemühen wir uns immer um gewaltfreie Ansätze zur Bearbeitung von Konflikten.
Das Gewaltverbot des Art. 2 (4) der VN-Charta ist eine große Errungenschaft. Militärische Lösungen für Konflikte gibt es nicht. Kampfeinsätze sind für uns höchstens letztes Mittel, und immer Ausdruck eines Scheiterns.
Der Einsatz von Militär ist nur zum Selbst- und Bündnisschutz, auf dem Territorium eines um militärischen Beistand bittenden Staates, sowie im Rahmen völkerrechtskonformer Missionen mit Mandat der Vereinten Nationen, nämlich zur Wahrung des Weltfriedens, im Falle eines Genozids oder bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, zu rechtfertigen.
Militär kann allenfalls als ein Instrument zur Verhinderung solcher Verbrechen beitragen und Bedingungen für Verhandlungslösungen schaffen. Wir werden Einsätzen der Bundeswehr nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen zustimmen. Jeder militärische Einsatz hat zugleich einen hohen Preis. Es darf keinen militärischen Einsatz ohne einen Plan für die Konfliktnachsorge und ohne Ausstiegs- und Abzugsstrategie geben.
Zudem braucht es gegenseitiges Verständnis: Internationale und Interkulturelle Sensibilität und Solidarität müssen auf allen Ebenen gefördert werden. Dazu gehören möglichst allen Menschen zugängliche Möglichkeiten des Austausches. Mobilität, Bildung und Kultur sind hierbei wichtige Säulen. Bezüglich bestehender, sowie möglicher neuer Konflikte, braucht es zudem deutlich stärkere Aufklärung und Analysefähigkeiten, sowohl in den außenpolitischen Institutionen wie auch in unseren Gesellschaften insgesamt. Unsere Außenpolitik muss hierauf aufbauen und jeweils die Sichtweisen aller Beteiligten miteinbeziehen, anstatt populistisch und konfliktverschärfend primär irgendeine „Heimkurve“ zu adressieren.
Feministische Außenpolitik
Die Hälfte der Macht den Frauen* - das muss auch in der Außen- und Sicherheitspolitik gelten! Frauen* bestimmen bisher nur selten mit, wenn es um die großen außenpolitischen Herausforderungen und Konflikte geht. Dabei sind sie* besonders drastisch von Kriegen, Krisen und Umweltzerstörung betroffen. Frauen* sollen jedoch nicht als Opfer stigmatisiert werden, sondern als Akteur*innen für Frieden und Sicherheit auftreten. Ein gerechtes und friedliches Zusammenleben ist nur durch konsequente Teilhabe und Einbeziehung der Perspektive von Frauen* und marginalisierten Gruppen möglich.
Wir verfolgen einen intersektionalen Ansatz. Das heißt, dass wir besonders aufmerksam sind für Überschneidung von verschiedenen Diskriminierungsformen. Systematische Benachteiligung von Teilen der Bevölkerung beim Zugang zu Macht und Ressourcen birgt ein erhebliches Konfliktpotenzial. Darum treten wir für eine Welt ein, in der alle ohne Gewalt und Unterdrückung leben können.
Krisen und Kriege treffen Frauen* und andere verletzliche Gruppen in besonderer Heftigkeit und ihre Perspektive bleibt dennoch unberücksichtigt. Sexualisierte und genderbasierte Gewalt wird vermehrt in und nach Konflikten ausgeübt, teils bewusst als Kriegswaffe eingesetzt. Konfliktanalysen müssen in allen Phasen des Konfliktzyklus auch die Genderperspektive einbeziehen. Das gilt von der Erarbeitung von Frühwarnmechanismen bis hin zu Nothilfe und Wiederaufbau. Solche feministischen Analysen bilden die Grundlage für politische Entscheidungen.
Die Erfahrungen von Frauen* müssen in die Verhandlungsrunden einfließen. Aufgrund ihrer Sozialisierung und spezifischen Betroffenheit haben Frauen* oft einen Blick für tieferliegende, strukturelle Ursachen von Konflikten und können daher zu besseren Lösungen beitragen. Ihre Einbindung in Prozesse der Friedensförderung und Konfliktprävention darf sich nicht auf bloße Anwesenheit beschränken, sondern muss auch Entscheidungsmacht umfassen, im zivilen und im militärischen Bereich.
Unsere feministische Außenpolitik sorgt für grundlegende gesellschaftliche Veränderung: Wir wollen mit Diversität gegen homogene Machtzirkel und diskriminierende Netzwerke kämpfen. Wenn es lokale, möglichst unabhängige Frauen*organisationen gibt, sollen sie Zugang zu Verhandlungen und Öffentlichkeit erhalten. Wo noch keine solchen Organisationen bestehen, soll der Aufbau unterstützt werden. Gerade in Post-Konflikt-Situationen und Staatenbildungsprozessen sollte die Chance genutzt werden, die Entwicklung von Frauen*rechten und -partizipation zu unterstützen.
Auch Männer und Jungen profitieren von Gleichstellung und müssen dazu beitragen, Frauenrechte und Teilhabe voranzutreiben. Um dem Problem von „militarisierter Maskulinität“ zu begegnen, müssen wir patriarchalische und aggressive Männlichkeitsbilder in Frage stellen. Dies wird auch Männern und Jungen zugutekommen, die selbst an stereotypisierten Erwartungen an sie leiden, oder ebenfalls negativ von den Auswirkungen männlich dominierter Politik betroffen sind.
So umgesetzt ist eine feministische Außenpolitik ein Gewinn für alle Seiten. Mit ihr bauen wir verschiedene Formen der Benachteiligung ab und fördern so Stabilität und Frieden.
Abrüstung, Rüstungskontrolle und kooperative Sicherheit
Friedenspolitik heißt Konflikte annehmen und gewaltfrei bearbeiten. Grundlage einer gewaltfreien Konfliktbearbeitung ist zum einen, die gegenseitigen Positionen, Interessen und Bedürfnisse zu achten. Dies erfordert andererseits, auf Waffengewalt und Drohungen zu verzichten. Die Bereitschaft zur wechselseitigen Entwaffnung und Aufgabe gegenseitiger Drohungen ist also Dreh und Angelpunkt für gewaltfreie Konfliktbearbeitung.
Abrüstung, Rüstungskontrolle und Strukturen kooperativer Sicherheit zielen darauf ab, gewaltfreie Konfliktbearbeitung zu verstetigen. Durch Verhandeln, Vereinbaren und Überwachen von Regeln und Grenzen für Bewaffnung wird das Gewaltpotential von Konflikten geschrumpft. Darüber hinaus bildet sich ein institutioneller Rahmen für Vertrauensbildung und gewaltfreie Konfliktbearbeitung. Dahinter steckt die Überzeugung, dass die Wahrung von Frieden mit einem kooperativen Sicherheitsverständnis besser gelingt als mit kompetitiven Konzepten von Sicherheit. Dieser Gedanke hat nach dem Ende des Kalten Krieges die sicherheitspolitische Zusammenarbeit beflügelt und zahlreiche Übereinkommen für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Institutionen kooperativer Sicherheit ermöglicht.
Die abrüstungs- und rüstungskontrollpolitischen Errungenschaften wurden jedoch nicht konsequent gepflegt und ausgebaut. Stattdessen setzte sich immer wieder der Geist kompetitiver Sicherheit durch. Den begrenzenden Einigungen über Abrüstung und Rüstungskontrolle in bestimmten Bereichen wurde durch gezielte Aufrüstung und Neuentwicklungen von Waffensystemen in anderen Bereichen ausgewichen. Bündnisstrukturen wurden nicht durch Strukturen kooperativer Sicherheit ersetzt, sondern ausgedehnt und für neue Aufgaben verstärkt. Hinzu kommt die Aufrüstung neuer Regional- und Weltmächte.
Inzwischen zersetzt die weltweite Rüstungsspirale samt ihrer kompetitiven Sicherheitslogik auch die bereits geschaffene Abrüstungs- und Rüstungskontrollarchitektur insgesamt. Europa ist von diesem Vertrags- und Regelzerfall besonders betroffen. Um Abrüstung, Rüstungskontrolle und kooperative Sicherheit wieder voranzubringen, müssen wir uns von Sicherheitsegoismen und Blockdenken lösen, die ganze Bandbreite von Waffensystemen in den Blick nehmen und Verträge sowie Institutionen neu aufstellen.
Vor der eigenen Haustüre zu kehren ist der erste Schritt. Rüstungsexporte in Krisengebiete und an Staaten, die systematisch Menschenrechte verletzen, müssen gesetzlich verboten sein. Nicht wirtschaftliche Erwägungen oder die eigene Rüstungsindustrie, sondern friedenspolitische Zielsetzungen müssen entscheidend sein. Auch auf europäischer Ebene müssen dem weltweiten Waffenhandel enge Grenzen gesetzt und die ausufernde Verbreitung europäischer Waffen in die ganze Welt beendet werden. Dies sowohl im Interesse der eigenen Sicherheit als auch, um der weltweiten Bewaffnung insbesondere von autoritären Staaten und in Krisengebieten entgegen zu wirken.
Deutschland muss außerdem konsequent auf Nuklear- und andere Massenvernichtungswaffen verzichten. Die hier stationierten Nuklearwaffen müssen abgezogen und der Ausstieg aus der Nuklearenergie im zivilen wie im militärischen Bereich vollendet werden. Wir wollen eine Verankerung von Nuklearenergie- und Nuklearwaffenfreiheit im Grundgesetz diskutieren. International muss sich Deutschland für Verbot und die Ächtung aller Massenvernichtungswaffen einsetzen und alle Verträge, die dieses Ziel verfolgen, unterstützen. Dazu zählen heute auch der Nuklearer Nichtverbreitungsvertrag und der Nuklearwaffenverbotsvertrag.
Wir treten für ein generelles Verbot von Waffensystemen ein, die grausam und unterschiedslos töten und nicht mit dem humanitären oder Kriegsvölkerrecht vereinbar sind. Neben den Massenvernichtungswaffen zählen hierzu Antipersonenminen und Streumunition. Die Entwicklung neuer Systeme, die gegen diese Grundregeln verstoßen, lehnen wir ab und treten für deren weltweites Verbot ein. Auch bewaffnete Drohen und Waffensysteme, die ohne effektive menschliche Kontrolle Entscheidungen über Leben und Tod treffen können, lehnen wir für die Bundeswehr ab und setzen uns für deren Ächtung und Verbot ein. Die weitere Militarisierung des Weltraums nehmen wir nicht hin. Für all diese Kategorien braucht es klare internationale Regeln bzw. Verbote, und Regime zur Sicherstellung ihrer Einhaltung.
Die zunehmende Ausweitung der militärischen Nutzung neuer Technologien betrifft auch besonders den digitalen Raum. Hier treten wir für klare Grenzen und einen Verzicht auf die offensive militärische Nutzung ein und sehen die Verantwortung für den Schutz der IT-Infrastruktur im Innen- und nicht im Verteidigungsressort. Sie darf außerdem nicht gegen Bürger*innen- und Menschenrechte ausgespielt werden, insbesondere nicht im Datenschutz.
Als Motor künftiger Abrüstungs- und Rüstungskontrollinitiativen soll das humanitäre Völkerrecht dienen, das den Schutz der Bevölkerung in den Mittelpunkt stellt. Mit dieser Perspektive können wir auch künftigen militärtechnologischen Entwicklungen Grenzen setzen und die gewaltfreie Konfliktbearbeitung fördern. Darum wollen wir das humanitäre Völkerrecht stärken und weiterentwickeln.
Um Abrüstung, Rüstungskontrolle und kooperative Sicherheit wieder voranzubringen, müssen wir uns von Sicherheitsegoismen und Blockdenken lösen. Wir wollen einen Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik und Strukturen der kooperativen Sicherheit auf- und ausbauen, die perspektivisch kompetitiv ausgerichtete Sicherheitsallianzen ersetzen können. Hierzu müssen auch Deutschland und die EU sich loslösen von einer kurzsichtigen, weil egoistischen Sicherheitspolitik und den Prinzipien der Abschreckung und Abschottung.
Multilateralismus und seine wichtigsten Institutionen: EU und VN
Wir müssen anerkennen, dass es viele Akteur*innen in unserer globalen Realität gibt, die ihr Handeln auf eine „Logik der Unsicherheit“ stützen. Damit müssen wir vor allem kurzfristig auch pragmatisch umgehen. Wo immer möglich verfolgen wir aber einen anderen Ansatz. Dazu gehören die zivile Krisenprävention und der verstärkte Einsatz diplomatischer Mittel. Anstatt uns in die Ecke drängen zu lassen, wollen wir Verbündete suchen, die dem eine solidarische und offene Perspektive auf die Welt entgegensetzen. ”Wir” muss dabei wegen ihrer Kombination aus Gewicht und prinzipieller Einigungsfähigkeit wo möglich mindestens die EU bedeuten, aber als Begriff immer werteorientiert erweiterbar bleiben.
Eurozentrismus, d.h. den primären oder ausschließlichen Bezug globaler Fragestellungen auf uns, oder den Glauben, Europa wüsste oder könne alles besser, lehnen wir ab. Diese Denkweise verhindert es oft, konstruktiv mit anderen zusammenzuarbeiten. Es ist im Gegenteil besonders wichtig, die Sicht anderer auf Europa und Deutschland anzuerkennen und zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für Zusammenhänge, in denen letztere besondere historische Verantwortung tragen, wie z.B. im Zusammenhang des Kolonialismus, der Shoah oder anderen massiven Verbrechen. Deren Aufarbeitung darf nicht enden und muss immer die Perspektiven der Opfer mit einbeziehen.
Die weitere Einigung und Entwicklung Europas im Sinne einer friedlichen EU darf nicht in pauschaler Abgrenzung zu oder gar Dämonisierung von anderen Staaten erfolgen, sondern muss mit Dialog und friedlichem Ausgleich und den Interessen aller im Blick einhergehen. So kann sie mehr noch als ein Einigungsprozess nach innen, auch ein Friedens- und Entwicklungsprozess nach außen sein. Dieses Potenzial wird heute noch zu wenig genutzt. Im Gegenteil: Europas Verschleppung u.a. einer echten, mindestens EU-weit koordinierten Energiewende gefährdet das Weltklima, während viele europäische Konsum- und Handelsmuster vor allem Menschen andernorts die Existenzgrundlagen entziehen. Zudem treiben europäische Waffenexporte Aufrüstungsspiralen und entsprechende Unsicherheitslogiken an, während europäische Migrationspolitik einseitig auf Abschottung setzt und so den Tod vieler Menschen zu verantworten hat.
Europa kann einen Unterschied machen, wenn es um Menschenrechte, Frieden, Sicherheit und Freiheit geht, auch über seine Grenzen hinweg! Wir wollen uns darum für ein Gemeinsames Haus Europa einsetzen. Dafür braucht es eine starke EU, aber auch viel Engagement für Institutionen wie die OSZE und die Zusammenarbeit im Europarat. Unsere Vision eines außenpolitisch starken Europas ist eine zivile, eine inklusive, eine solidarische Stärke, die aus einer menschenrechtsorientieren Politik friedensstiftend wirkt. Den aktuellen Fokus in der EU auf eine Union der Verteidigung lehnen wir ab. Er beschränkt Europas Friedenspotenziale und führt zu weiterer Aufrüstung. Eine wie auch immer geartete nukleare Bewaffnung einer EU-Armee ist für uns nicht akzeptabel. Eine EU-Armee ist für uns nur diskutabel, sofern ihr Einsatz (vergleichbar mit der Bundeswehr) an einen EU-Parlamentsvorbehalt gebunden ist und sie durch Synergie-Effekte insgesamt deutlich Rüstungsausgaben einspart. Sie darf aber nicht unsere Sicht und Prioritäten bezüglich nachhaltiger Konfliktbehandlung bestimmen. Stattdessen liegt unser Schwerpunkt in der Früherkennung und Prävention und wir fordern, die finanziellen Mittel dafür, anstatt für Militär, auszuweiten.
Seit vielen Jahren wird gefordert, dass Europa, bzw. die EU, „weltpolitikfähig“, d.h. geeint handlungsfähig, werden solle. Jedoch: Europas außen- und sicherheitspolitische Einigung, so wie wir sie uns vorstellen, kann sich nur in der Zuwendung zum Multilateralen Dialog vollziehen. Multilateralismus bedeutet, dass zentrale Akteure ihre Politik im gegenseitigen Respekt miteinander absprechen und gemeinsam handeln. Nur so können wir auch den Grundstein setzen für einen globalen Ordnungsrahmen, der zur neuen, multipolaren Ära passt und dem Ausgleich dienlich ist.
Die Vereinten Nationen (VN) haben sich in den ereignisreichen und wechselhaften Jahrzehnten ihrer Existenz als Institution mit zahlreichen Unterorganisationen stark erweitert, um globalen Herausforderungen besser begegnen zu können. Zentrale Probleme der politischen Steuerung und Entscheidungsfindung in ihren Gremien wurden jedoch nach einer kurzen, durch das Ende des Kalten Krieges bedingten Hoffnungsphase wieder offensichtlicher. Hinweise auf Missstände sollen von uns aber keine Pauschalkritik sein, wie sie oft gerade von denen kommt, die effektiven Multilateralismus ausbremsen - Gerade weil wir die VN als die primäre Akteurin und Verhandlungsort für globale Fragen stärken wollen, kritisieren wir ihren aktuellen Zustand.
Vor allem der VN-Sicherheitsrat als nach wie vor das zentrale Gremium, das friedenserhaltende und friedenserzwingende Maßnahmen beschließen kann, wird seinen Anforderungen nicht gerecht. Seine Zusammensetzung ist nicht repräsentativ: Viele Länder mit sehr großen Bevölkerungen (z.B. Indien) sitzen hier nicht dauerhaft mit am Tisch. Und das einsame Vetorecht seiner fünf ständigen Mitglieder wird oft für Sonderinteressen missbraucht, selbst wenn diese viele Menschen zu Leid, Elend, Unterdrückung und Tod verdammen. Multilaterale Strukturen wie der VNSicherheitsrat müssen dahingehend reformiert werden, dass sie demokratischer, repräsentativer als auch weniger blockadeanfällig werden. Deshalb fordern wir eine Reformierung der Sitzverteilung im VN-Sicherheitsrat und des Vetorechts. Gleichzeitig müssen regionale Institutionen wie zum Beispiel die Afrikanische Union weiter gestärkt und die Kooperation mit ihnen ausgebaut werden.
Zudem mangelt es an ausreichender Ausstattung zahlreicher VN-Organisationen, um ihre wachsenden Aufgaben angemessen zu erfüllen. Dies gilt für die finanzielle und auch die personelle Ausstattung. Vor allem wenn Gefahr im Einsatz droht, wie im Falle von Polizist*innen oder Soldat*innen, zögern gerade die reicheren Staaten, darunter Deutschland, ihren Fähigkeiten gemäß mit anzupacken. Ehrlicher und effektiver Multilateralismus bedeutet für uns nicht „nur“, in für den Weltfrieden kritischen Situationen die Einhaltung internationaler rechtlicher Normen zu fordern, sondern auch, sich an entsprechend beschlossenen Maßnahmen nach Kräften zu beteiligen.
Unser Respekt und unsere Wertschätzung gelten all jenen, die die in der VNCharta verankerten Werte und Menschenrechte mit Leben füllen und in der Welt vertreten. Dazu gehören international wie national insbesondere auch Diplomat*innen, Aktive der Entwicklungszusammenarbeit, zivile Krisenhelfer*innen, sowie die Angehörigen von Streitkräften. Sie alle wollen wir anhören und nehmen sie in unseren außen- und friedenspolitischen Positionierungen ernst.
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